Freitag, 27. September 2013

Geronimos Land

Bilder zum Vergrößern anklicken


Arizona: San Carlos (Apache Reservation) nach Thatcher (112 KM)
Das San Carlos Apache Reservation existiert seit 1871 und zählt zu den dunkelschwarzen Kapiteln der amerikanischen Geschichte. Wer meine epischen Ausfälle über die Verlogenheit der christlichen Einwanderer und Einwohner nicht mehr hören mag, den muß auf den nächsten Beitrag vertrösten. Heute kotze ich mich wieder einmal aus tiefster Seele aus. Das Thema geht mir unter arg die Haut und der Spaßfaktor hält sich entsprechend in Grenzen. Und dass mir nachher niemand jammert: "Ja kann denn der üüüüüüüberhaupt nicht aufhören.... schon so lange her... und iiiiiiiii-mer wieder die Kirche, die CSU und ..." Nix will ich hören, gell Radlhans :-)

-------------------------

Was man sich auch immer und immer wieder vor Augen halten muß: Amerikaner sind letztlich Europäer. Viele Kriegsverbrecher und Völkermörder wuchsen im christlichen Europa auf, wanderten als gelernte Christen in die Neue Heimat aus, wo sie dann am Sonntag die Kirchen bevölkerten und von Montag bis Samstag wahlweise dunkelhäutige Menschen als Untermenschen mißhandelten oder rothäutige Völker mordeten. Am 7. Tage ruhten sie dann aus und wuschen sich noch schnell das Indianerblut von den Händen, bevor sie zur heiligen Kommunion gingen und dort das Blut Christi tranken. Bigott? Iwo. Nur konsequent.

Auf dem Highway 70 radeln wir durch das Land der Apachen. Nun ja, das Reservat...
Hier, im Süden Arizonas, in dem Gebiet, durch das wir heute radeln, lebten viele Jahrhunderte lang die Chiricahua Apachen. Solange nur einzelne Siedler in das Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko mit den für Weiße üblichen Besitzansprüchen kamen, gab es nur selten ernsthaftere Konflikte zwischen Indianern und Weißen. Aber im Zuge des Goldrausches drangen Mitte des 19. Jahrhunderts die Weißen in Massen in das Gebiet der Apachen ein und machten dort, was sie immer machten. Kirchen bauen, den Herrn loben und dann die Indianer davonjagen bzw. niedermetzeln, wenn sie sich nicht davonjagen ließen. Was sich die Indianer natürlich nicht gefallen ließen.


Drei der größten indianischen Führer aus den Reihen der Apachen waren zu dieser Zeit Mangas Coloradas, Geronimo und Cochise. 


Mangas Coloradas überlebte 1835 als einer von wenigen Indianern ein Massaker der mexikanischen Armee. "Während des Mexikanisch-Amerikanischen Krieges verbündete er sich mit dem US-General Philip Kearny gegen die Mexikaner. Es gelang den Bedonkohe [Apachenstamm, H.P.], die Mexikaner zu vertreiben, die im Bedonkohe-Gebiet Kupfer abbauten. Wenig später entdeckten Amerikaner bei ihnen Gold und Silber. 1850 besetzte die US-Armee ihr Land am Gila River. In der Folge strömten Hunderte von Goldsuchern herbei; es entstand die Goldgräberstadt Pinos Altos im US-Bundesstaat New Mexico. Bei einem Besuch im Jahre 1861 in Pinos Altos wurde Mangas Coloradas gefangen genommen, ausgepeitscht und davongejagt.
Ein Jahr später wurde Mangas Coloradas zusammen mit rund 700 Kriegern der Bedonkohe sowie der Chokonen-Apachen unter seinem Schwiegersohn Cochise am Apache-Pass von 126 US-Soldaten geschlagen. Der 65-jährige Mangas Coloradas wurde durch eine Kugel in die Brust verletzt.
Anfang 1863 besuchte ein Mexikaner unter der weißen Flagge die Mimbreno, um mit ihnen im Namen der US-Armee Friedensverhandlungen aufzunehmen. Mangas Coloradas erklärte sich bereit, ihn alleine in das alte Fort McLane zu begleiten. Kaum mit dem Mexikaner alleine, stürzten sich jedoch Soldaten von General Joseph R. West aus dem Gebüsch und nahmen ihn gefangen. Im Fort angekommen gab West den Befehl, Mangas Coloradas in der kommenden Nacht zu töten. Die Soldaten versengten ihm zuerst mit erhitzten Bajonetten die Füße und Beine. Als Mangas Coloradas protestierte, erschossen sie ihn. Anschließend skalpierten und enthaupteten sie ihn. Der Rumpf wurde in einem Graben verscharrt. In offiziellen Militärberichten hieß es, Mangas Coloradas sei bei einem Fluchtversuch getötet worden (...) 
Obwohl von den Weißen immer wieder verraten und betrogen, versuchte er mehrfach, mit ihnen Frieden zu schließen. Er hasste die Weißen nicht, worauf auch seine Heirat mit einer Mexikanerin hindeutet." (Quelle: Wikipedia)

"Cochises Leben war geprägt durch die anhaltenden Kämpfe der Apachen gegen die zunehmende Besiedlung des äußersten Nordens von Mexiko durch Mexikaner und des heutigen Südwestens der USA durch Angloamerikaner. Während es den Apachen gelang, die Mexikaner immer wieder aus ihrer angestammten Heimat zurückzudrängen, unterlagen die Chokonen unter Cochises Führung nach jahrzehntelangem Guerillakampf der US-amerikanischen Armee.
Die kriegerischen Auseinandersetzungen waren nur durch kurze Friedensphasen unterbrochen, die in der Regel von den Amerikanern gebrochen wurden. 1861 begann der letzte Krieg Cochises gegen die US-Armee infolge der Bascom-Affäre. George Bascom, ein junger, karrieresüchtiger Leutnant, beschuldigte Cochise des Viehdiebstahls und der Entführung eines Jungen. Cochise konnte sich seiner Gefangennahme bei den vorgeblichen Verhandlungen, die sich als Falle entpuppt hatten, durch eine dramatische Flucht entziehen. Ein Teil seiner Familie blieb in Geiselhaft. Darauf nahm Cochise andere Weiße als Gefangene. Als Bascom sich weigerte, Cochises Familienangehörige im Gefangenenaustausch herauszugeben, wurden die weißen Gefangenen der Apachen getötet. Darauf ließ Bascom die drei männlichen Verwandten Cochises hängen. Durch diese Vorfälle wurde eine neue Kriegsphase zwischen den Chokonen und den Angloamerikanern ausgelöst.
Nach dem Tod des Häuptlings der Bedonkohe-Apachen, Mangas Coloradas, war Cochise der einflussreichste Anführer der Chiricahua. Nach über zehn Jahren weiteren legendenumwobenen Kampfes kam es 1872 auf Vermittlung von Tom Jeffords, einem US-amerikanischen Postreiter und ehemaligen Scout, zu dem Cochise ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hatte, zu Friedensverhandlungen mit dem Bürgerkriegsveteran General Oliver Otis Howard, dem ein fairer Umgang mit den Indianern nachgesagt wurde. Es wurde ein Friedensvertrag ausgehandelt, bei dem den Bedonkohe ein eigenes Reservat zuerkannt wurde.Cochise starb im Juni 1874. Bei Freund und Feind hatte er als geschickter Kriegstaktiker und aufrichtiger Mann gegolten, der sein einmal gegebenes Wort auch hielt." [Quelle: Wikipedia). 

Geronimo "verlor beide Eltern bereits 1837, als der Händler James Johnson und seine Skalpjäger während eines Festes, zu dem die Weißen eingeladen hatten, das Feuer auf 400 Apachen eröffneten und anschließend alle toten Apachen skalpierten. Der Grund für dieses Abschlachten war ein äußerst brutales Gesetz, das die Regierungs-Verwaltung für Chihuahua im Jahre 1837 erließ. Für jeden Skalp eines Apachen-Kriegers wurden 100 Dollar, für einen Frauenskalp 50 Dollar und für den Skalp eines Kindes 25 Dollar gezahlt. Der neue Häuptling und mächtigste Führer der Bedonkohe-Apachen (der auch starken Einfluss in den Gruppen der Chihenne und Chokonen hatte) Mangas Coloradas, nahm sich des Waisen an. Als 1858 die mexikanischen Truppen des Militärgouverneurs des Bundesstaats Sonora, General Jose Maria Carrasco, seine Adoptiv-Mutter, seine Frau und seine drei Kinder töteten, erklärte Gokhlayeh [anderer Name für Geronimo, H.P.] den Besatzern seines Landes den Krieg. Dazu verbündete er sich mit Cochise, einem Häuptling der Chokonen-Apachen, einer der vier Gruppen der Chiricahua." (Quelle: Wikipedia)

1876 stellte sich Geronimo nach vielen Kämpfen schließlich der amerikanischen Armee. Er wußte, dass er den Krieg nicht gewinnen konnte, dass sich die Eindringlinge nicht zurückziehen würden, dass der Kampf um die Freiheit seines Volkes letztlich nur dessen Ausrottung bedeuten würde. Das San Carlos Reservat befindet sich mitten im Wüstengebiet. Kein Wasser, keine Nahrung. Die Indianer waren abhängig von Lebensmittellieferungen der Armee. Entweder hat der Trick mit der Brotvermehrung nicht geklappt oder es kam den Christen gerade recht, wenn die Heiden krepierten. Die Wasser und Lebensmittellieferungen blieben jedenfalls aus bzw. fielen viel zu knapp aus. Im ersten und zweiten Jahr im Reservat starben Hunderte an Unterernährung und Krankheiten, während es den nächstenliebenden Weißen draußen an nichts mangelte.
Es begab sich zu jener Zeit, als satte Christen in Arizona hilfsbedürftige Apachen verhungern ließen, dass in Rom ein gewisser Papst Pius IX der Stellvertreter Jesu auf Erden war. Der gute Pius war ein schlauer Fuchs. In seiner Enzyklika "Ubi primum" bereitete er zuzerst das Dogma der Unbefleckten Empfängnis vor. Dann leierte er das erste Vatikanische Konzil an (1869/1870), auf dem dann die Unfehlbarkeit des Papstes bei der (ex cathedra) Verkündigung von Dogmen beschlossen wurde. Ein Schelm, wer Gutes dabei denkt. Unser oberster Christ veurteilte Demokratie und Glaubensfreiheit aufs Schärfste. Was ich als besonders pikant finde: Rationalismus verurteilt er als Irrglaube. Das muß man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. RATIONALISMUS = IRRGLAUBE. Wie unvorstellbar bescheuert muß man... aber lassen wir das. Im Jahre 1874 verbot unser irrationale Gläubige in Rom seinen italienischen Schäfchen die Teilnahme an demokratischen Wahlen. In diesem und den folgenden Jahren starben ein paar Tausend Kilometer weiter Hunderte von Kindern, Frauen und Männern im San Carlos Apache Reservation, ohne dass irgendwer irgendeinen Finger für sie krumm gemacht hätte. Schon gar nicht der oberste Nächstenlieber. Denn unser Irrationaler in Rom hat andere Prioritäten. Er kann sich doch nicht um lumpige Menschenleben kümmern, wenn die unbefleckte Empfängnis Mariä zur Diskussion steht! Also erzebt  er die Frage, ob Maria mit oder ohne Erbsünde gezeugt wurde, zum Top-Thema und weil er schon dabei ist, beschließt er auch gleich noch, dass er und seinesgleichen ab sofort nicht mehr irren können, solange der Stempel (Verkündigung "ex cathedra") an der richtigen Stelle sitzt. Im Jahre 2000 wurde er selig gesprochen. Kurt Tucholsky hat in seiner späten Phase einmal eine Treppe mit drei Stufen gezeichnet und auf die drei Stufen von unten nach oben die Worte gesetzt: "Eine Treppe: Reden, Schreiben, Schweigen." Ich schreibe zwar mal wieder verdammt viel :-), aber eigentlich schweige ich schon lange. Was gäbe ich darum, diese ganze scheinheilige Bande dorthin zu jagen, wo sie hingehört: zum Teufel?
Während sich Pius IX also in Rom den Kopf über die immaculata conceptio" zerbricht, bricht Geronimo zum ersten Mal aus dem Todesreservat aus. Später stellt er sich wieder, als bessere Bedingungen garantiert werden. Die dann - natürlich - nicht eingehalten werden. Das wiederholt sich ein paar Mal. Ausbruch, Zugeständnisse, Wortbruch, Ausbruch. 1884 erfolgt Geronimos letzter Ausbruch mit kleiner Gruppe 50 Krieger. Sie werden verfolgt von 5.000 Soldaten und 250 Indianer-Scouts. Erfolglos. Aber die professionellen weißen Nächstenlieber wußten, wie sie Geronimo klein bekommen konnten. Sie mußten nur sein Volk weiter quälen. 2000 Jahre Foltertradition zahlten sich schließlich aus und am 4. September 1886 stellt sich Geronimo zum letzten Mal. 
Im selben Jahr veröffentlicht Friedich Nietzsche eine meiner Bibeln: "Jenseits von Gut und Böse: Vorspiel zu einer Philosophie der Zukunft". Vernunft und Ethik auf der einen,  Religion und Moral auf der andere Seite. David gegen Goliath. Eine zeitlose Metapher. Wer gewinnt, zeigt die Geschichte Tag für Tag. Damals und heute. Und jetzt dürft ihr dreimal raten, was aus den Zusagen der weißen Christen gegenüber den roten Heiden geworden ist. Genau: "Entgegen ursprünglicher Friedensvereinbarungen, in denen zunächst für ihn [Geronimo, H.P.] und den kleinen Rest seines früher großen Volkes, fruchtbares Farmland zugesichert wurde, brachte man ihn und einige seiner Leute, teilweise für viele Jahre, in weit entfernte wechselnde Armeegefängnisse. Zunächst wurde er in Fort Sam Houston in San Antonio, Texas, gefangengehalten. Dann wurde er wechselweise nach Fort Pickens, Florida, in die Verbannung, im Anschluss nach Fort Marion, Alabama, und schließlich 1894 nach Fort Sill in Oklahoma ins Indianerterritorium überstellt. Dort konvertierte er 1903 zum Christentum, wurde Methodist und besuchte regelmäßig den Gottesdienst. Dem inzwischen im ganzen Land berühmt gewordene Gokhlayeh wurde schließlich im von US-Truppen kontrollierten Reservat ein kleines Stück Farmland zur Verfügung gestellt (...) Die Zusage, wie in den früheren Kapitulationsverhandlungen vereinbart, in das Gebiet seiner ursprünglichen Heimat zurückkehren zu dürfen, wurde nie eingehalten. Gokhlayeh starb am 17. Februar 1909 an einer Lungenentzündung und wurde auf dem Friedhof von Fort Sill bestattet. "

Rund 100 Kilometer radeln wir durch diese Landschaft. In Gedanken reise ich dabei 140 Jahre zurück und Wut und Trauer und Abscheu wachsen von Kilometer zu Kilometer.

Damals und Heute
---------------------------------------------------

Passend zur Stimmung: "Ecstasy of Gold" von Ennio Morricone:



Bis zum nächsten Mal

Till Senn

3 Kommentare:

  1. Hiermit verleihe ich Dir den Ehren-Geronimo 2013!

    Übrigens: ICH kann das IMMER hören (und lesen) ...

    AntwortenLöschen
  2. und recht hat er;
    da werden wir noch lange brauchen bis es auch der letzte Messner im kleinsten Gestade begriffen haben wird;
    und Ennio ist auch phantastisch
    zumal er beruhigt dann wieder
    weil
    beim zuhören kann man die Augen schliessen
    das wiederum sollte man bei der heutigen Egomanischen Entwicklung der Art- und Zeitgenossen tunlichst vermeiden

    Mach weiter so Häuptling der Shimanokette
    schönes WE
    wünscht JoeB

    AntwortenLöschen
  3. Bei dem Namen "Cochise" denke ich nicht so sehr an den Indianerhäuptling, sondern erst einmal an die Dortmunder Folkrock-Band der 80er, die sich nach ihm benannt hatte. Hach - das waren noch jugendbewegte Zeiten ... :-)

    AntwortenLöschen