Mittwoch, 2. Oktober 2013

Berge

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Diese Karte zeigt nur die lezte von den drei Bergetappen der vergangenen Tage: von Silver City (New Mexico) hinauf zum höchsten Punkt der Tour, dem Emory Pass (8.200 Fuß / ca. 2.500 Meter). 

Nach Geronimos Land folgte Luis Trenkers Land: Berge, Berge, Berge. Los ging's mit dem ersten und einfachen Pass. Weil wir die letzten Tage a) außerhalb der digitalen Welt und b) von früh bis spät unterwegs waren und uns Meter für Meter zunehmend mühsamer voran kämpften, blieb wenig Zeit und Muße für einfallsreiche Bloggeschichten. Aus diesem Grund wird dieser Blogbeitrag auch im Wesentlichen eine Fotogallerie mit Bildtiteln:
Laaaaaaaange Anfahrt (20 Kilometer insgesamt)
Traumhafte Landschaft, moderate Steigung
Filmcrew bei der Arbeit
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Oben angekommen sehen wir schon die nächste Passhöhe
Nach einer wunderschönen Abfahrt erreichen wir das Tagesziel "Three Way". Die Siedlung besteht aus diesem einen Gebäude und heißt Three Way, weil sich hier zwei Straßen kreuzen. Hm... Die Logik erschließt sich mir zwar nicht, aber egal. Das jedenfalls IST Three Way.


Unmittelbar hinter Three Way befindet sich die Ranger Station, auf der Radler kostenlos zelten dürfen. Wie es der Zufall will, traf genau an diesem Tag die Gruppe der Adventure Cycling Association ein, mit der (der Gruppe, nicht denselben Mitgliedern) ich 2007 diese Tour erstmals radelte. Und so kam es, dass sich 14 Radler 2 Plumpsklos und eine... Dusche(?) teilten.

Unsere Pferde vor unserem Domizil
Die "Dusche" - ein Wasserhahn in Kniehöhe. Genau hinsehen. Nicht das da OBEN, sondern das UNTER dem oben. Das ist der Hahn, der Wasser spendete.
Nach einer eisigen Nacht im Zelt machen wir uns am Morgen für die nächste Bergetappe bereit. Noch ein kurzer Blick zurück auf die Abfahrt von gestern...


... und dann richtet sich der Blick nach vorne. Genauer gesagt nach rechts. Der Highway 78 EAST ruft.


Der Berg fackelt nicht lange. Gleich nach Three Way beginnt der 23 Kilometer lange Anstieg. Zu Beginn noch kurz im orangen, wechselt der Pass dann aber schnell in den roten Bereich. Rundes Treten ist mir nicht mehr möglich, die Beine müssen pumpen und drücken, um das verdammte Pedal nach unten zu bekommen. Der Oberkörper schwankt und alles zusammen sieht aus wie ein Betrunkener auf einem Fahrrad und ist höchst unprofessionell. Aber was solls. Anders kann ich im roten Bereich  nicht treten. Wie Angie das schafft, ist mir ein Rätsel. Gut, sie singt keine fröhlichen Lieder, aber sie fährt und fährt und fährt. 

Ich jammere nicht - wir wollten es ja so und Angie erinnert mich in solchen Situationen gerne immer wieder daran, dass wir nicht zum Vergnügen hier sind. Wir arbeiten, kämpfen und quälen uns 3 Stunden Meter für Meter hinauf, vobei an klangvollen Namen wie "Rattlesnake Canyon", "Buzzard Roost Canyon" und "Black Jack Canyon", bis wir schließlich den Big Lue Mountains Pass erreichen. Irgendwie kann ich Angie dazu überreden, für das Gipfelfoto zu lächeln. Danach fallen wir um und sind eine Weile scheintot.


Auf der Abfahrt, die eine Mischung aus Ab- und Auffahrt ist, weil immer wieder Steigungen daherkommen, überqueren wir die Staatsgrenze von Arizona nach New Mexiko. Wir sind zu diesem Zeitpunkt schon so platt, dass wir nur kurz ein Pflichtfoto schießen und danach im neumexikanischen Allgäu hügelauf-hügelab die restlichen 40 Kilometer bis zum nächsten Campingplatz weiterradeln. Hätten wir gewußt, dass diese 40 Kilometer noch einmal rund 500 giftige Höhenmeter für uns bereithalten, wären wir auf der Passhöhe besser scheintot geblieben.


Auf besagtem nächsten Campingplatz treffen wir auch wieder auf die Radlergruppe. Diesmal gibt es tatsächlich eine Dusche. Die Betonung liegt aber auf EINE. Und ein Klo. Selbe Betonung. 14 Leute teilen sich also eine Dusche und ein Klo. Zelten ist schön. Vor allem, wenn zur Dusch- und Klo-Rationierung nachts auch noch alle Hunde rundherum ohne Unterbrechung wie verrückt bellen, weil Kojoten durch die Siedlung pirschen und den Mond anjaulen, dass es zum Heulen ist. Wie ich diese Nacht ohne Tobsuchtsanfall oder Massaker an Vierbeinern überstanden habe, bleibt mir ein Rätsel. Geschlafen habe ich insgesamt vielleicht 1 Stunde, obwohl ich völlig erschöpft war von der Tour. Bei "Wetten dass" könnte ich nun alle 7.347 Hunde aus der 50-Seelen Siedlung Buckhorn im Bundesstaat Arizona an einem kurzen Bellen namentlich nennen und dazu noch Größe, Gewicht sowie die aktuelle Uhrzeit des Bellens samt die Stärke der jeweils zutreffenden Kojotenpopulation inklusive deren Namen nennen. Als passionierter Hundehasser zählt diese Nacht zu meinen Sternstunden.

Am nächsten Tag folgte eine beinahe erholsame Hügelauf-Hügelab-Tour nach Silver City. Kurz vor der Stadt überqueren wir die "Continental Divide". Die kontinentale Wasser­scheide folgt dem Gebirgskamm der Rocky Mountains und erstreckt sich von Alaska über Kanada, die USA und Mexiko bis nach Mittelamerika.


Das Programm in Silver City: Hotel, Dusche, Essen, Schlafen. Welch eine Wohltat, welch eine Ruhe. Göttlich. Ob ich zu alt fürs Zelten bin? Falsche Frage: Kann  man für derartigen Blödsinn jung genug sein? Gut ausgeruht, aber mit müden Beinen brechen wir am folgenden Morgen zur härtesten der drei Bergetappen auf. Alleine die 50 Kilometer lange hügelauf-hügelab Anfahrt BIS zum Pass bescheren uns schon knapp 1.200 Höhenmeter. Nicht ein Meter flache Strecke. Entweder rauf oder runter. Zermürbungstaktik. Und der elende Elendspass beglückte uns dann zwischendurch immer wieder mit lustigen Abfahrten von 100 bis 150 Höhenmeter, die wir anschließen erst mal wieder klettern mußten, bevor wir wieder dort waren, wo wir höhenmetermäßig schon längst gewesen waren. Das kann einen in den Irrsinn treiben. Du kämpfst und kämpfst und zählst dabei die Höhenmeter wie kleine unsichtbare Goldbarren, und zack: klaut Dir der Berg 100 oder 150 und streckt dir die Zunge raus. Wenn Du mit glühenden Oberschenkeln und trübem Tunnelblick einen Pass hochkriechst, fehlt Dir zunehmend der Elan für Fotos. Hier die magere Ausbeute:

Kurz nach dem Anfang schon fast am Ende
Kurz vor dem Ende noch lange nicht am Ziel
Am Ziel und am Ende
Von der Passhöhe bietet sich ein grandioser Panoramablick über den "Gila National Forest". Den mexikanischen Wolf hat man hier wieder angesiedelt. Bin gespannt, wie die Hunde aus Neu-Mexiko auf den Wolf aus Mexiko reagieren. 


Im Bild ganz hinten, dort im Dunst... dort fließt der Rio Grande. Ihm werden wir die nächsten Wochen folgen. Wenn alles nach Plan läuft, erreichen wir in zwei, spätestens drei Tagen El Paso, Texas.


Bis bald

Till Senn

6 Kommentare:

  1. Harte Hunde, Ihr! Grüße an die Strammwadler!

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  2. Falls euch der Weg nach El Paso durch Las Cruces führt, möcht ich euch einen Verpflegungsstop in Old Mesilla (direkt am südlichen Stadtrand von Las Cruces) empfehlen. Dort gibt es an der Plaza zwei tolle Restaurants (das "Double Eagle" mit internationaler Küche in tollem Ambiente oder das "La Posta" mit Tex-Mex-Küche). Beide Restaurants sind absolut empfehlenswert und die Plaza von Old Mesilla mit all den Gebäuden drum rum ist auch nen kurzen Stopp wert.

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    1. Hallo Peter,
      danke für den Tipp. Wir werden sowohl durch Las Cruces als auch durch El Paso radeln. Falls die Verpflegungsstops auch nur halbwegs "on route" liegen, werden wir sie dankbar nutzen. Ich werde das ´gleich prüfen, da ich die Route ja komplett als GPS-Daten habe.

      Hermann

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  3. God bless America!
    Seit dieser Woche gilt "Obamacare". Jeder Amerikaner muß sich privat krankenversichern, wer es sich nicht leisten kann erhält staatliche Unterstützung. Anders als früher dürfen die Versicherungen chronisch Kranke oder Vorerkrankte nicht mehr ablehnen oder mit Wuchertarifen abschrecken. Sie dürfen nicht mehr kündigen, wenn ihr Kunde krank wird, oder im Kleingedruckten die gängisten Undersuchungen ausschließen. Anders als früher soll eine Krebserkrankung den Patienten nicht mehr dazu zwingen, sein Haus zu verkaufen, damit er die Ärzte bezahlen kann. Ein wahres Teufelswerk des Sozialismus, dieses Gesetz. Deshalb herrscht gerade Haushaltsnotstand in USA, da die Republikaner dem neuen Haushalt nur Zustimmen, wenn das GesetzWeg in den Sozialismus gestoppt wird. Da ihr gerade da seid: Könnte ihr da nix machen, so zwischen zwei Bergetappen? Viele Grüße Radlpeter

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    1. Lieber Peter,

      es ist zum Verrücktwerden. Viele werfen Sozialismus, Kommunismus und Faschismus durcheinander. Kaum einer begreift die fundamentalen Zusammenhänge, im TV sprechen Senatoren, deren Hirnmasse nicht mal die einer Erbse erreicht... Es ist zum Verrücktwerden. Man möchte die Leute prügeln. Da bekommen die endlich eine Lösung für ein Massenproblem und ... aber was rede ich." Eine Treppe: Reden, Schreiben, Schweigen". Ich schweige... Hermann

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  4. Hi Herman

    Versuch der Erklärung

    wenn sich 2 Strassen treffen...
    bleiben für denjenigen, aus welcher Richtung auch immer er sich der Kreuzung genähert hat, three ways 3 Möglichkeiten, seinen Weg fortzusetzen

    PRAGMATIKUS lässt grüßen

    Geile Zeit
    wünscht
    JoeB

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