Mittwoch, 20. November 2013

Der Himmel über Oberlin

Bilder zum Vergrößern anklicken



"Als der Mann Mann war, radelte er mit hängendem Kopf, wollte der Berg sei ein Tal", ... und soweiter und so fort rhabarber rhabarber rhabarber... Nun ja. Wim Wenders 1987 und so. Gut, dass die Zeit vergeht.

Im Augenblick sitze ICH statt Angie auf diesem Stuhl des Balkons vor unserem Motelzimmer in Oberlin. Monica (im Hintergrund mit dem roten T-Shirt), eine Radlerin aus Ohio ist vorübergehend unser Gast. 


Wir haben sie an einer Kreuzung in Oberlin getroffen. Sie radelt alleine und will von hier an die Westküste nach San Diego (also unsere Route, nur in umgekehrter Richtung) und dann am Pazifik entlang nach Norden bis zum Bundesstaat Washington. Und das bis Mitte/Ende Dezember. Ambitioniert. Und verdammt kalt. "Das macht mir nichts aus", sagt sie. "Ich habe schon bei Minusgraden gezeltet. Ich mag die Kälte." Ihr Fahrrad ist defekt, aber der nächste Radladen ist 65 Kilometer von hier entfgernt. Monica hat dort angerufen und eine Mitarbeiterin des Radladens holt sie hier ab. Sie kann bei bei der Mitarbeiterin übernachten und morgen reparieren sie das Fahrrad. Und jetzt überlegt jeder, welcher deutsche Radladen das für einen amerikanischen Radler tun würde. Ich wüßte nur einen, und zwar "Radl Ruhland" in Freising.

Seit wir in Louisiana unterwegs sind, grüßen uns deutlich mehr Autofahrer als in Texas. Manche hupen nur und heben die Hand, aber viele kurbeln das Fenster runter und winken uns zu. Und fast jedes Mal, wenn ich am Straßenrand stehe und, räusper, auf Angie warte, bleibt irgend jemand stehen und fragt, ob ich Hilfe brauche. In Deutschland ist mir das noch nie passiert. Noch nieeeeeeee.

Bei traumhaftem Wetter durften wir heute eine kaum befahrene Straße mit breitem Seitenstreifen genießen. Die Wade scheint sich (fast) vollständig erholt zu haben und ich konnte endlich wieder mal so richtig Gas geben. YEAH!!! Ein Radeltag, wie man ihn sich nicht schöner vorstellen kann. Radeln macht hungrig und so sieht ein typisches Mittagessen aus. Als Restaurant hält eine Tankstelle her und das Menü ist überschaubar:



Ja, wir Radnomaden sind nicht wählerisch. Ein Stück Pizza und etwas Wasser (Hermann) und ein KitKat samt einem Schluck Powerade (Angie) halten als Mittagessen her. Und das ist gut so, denn würden wir in ein Restaurant gehen (das es nicht gibt) und dort essen, was es dort so gäbe, dann würden wir trotz Radeln zu- und nicht abnehmen. 
-----
Reverend Hermann "Nev" Ermind`s Bibelstunde...


Liebe Pentecostal Church, vielen Dank für Deinen motivierenden Hinweis, dass einmal falsch Abbiegen schon meine komplette Seele kosten könnte. Wenn ich bedenke, wie oft ich mich schon verfahren habe auf meinen vielen Radkilometern (und auch so manchen Autokilometern), dann kann ich unmöglich noch eine Seele haben. Wie dem auch sei, mich kostet es in erster Linie Zeit und Nerven, wenn ich den falschen Weg wähle. Apropos falscher Weg... Wie steht es denn momentan um Bischof Tebartz-van Elst? Trotz der Ferne geht mir die Geschichte doch sehr nahe. Hat der, räusper, arme Kerl doch bei seinem Amtsantritt doch tatsächlich als eines seiner Ziele formuliert "die Armen wahrnehmen." Wahrscheinlich hat er es so gemeint: "Um Gottes Willen,  da sind ja Arme. Nichts wie weg von hier!" Ist Herr Trebartz an dieser Stelle falsch abgebogen? Wenn ja, hat er damals seine Seele verloren? Ich sehe ihn jedenfalls heute vor mir, wie er in seinem bescheidenen Büro (weiß getünchte Wände, ein schlichter Holztisch mit Hocker und ein einfaches Bett) vor seinem PC sitzt und mit Glanz in den Augen die internationalen Börsenkurse studiert, addiert, lächelt. Dann reisst er sich schweren Herzens von den herrlichen Zahlen los, um die nächste Predigt vorzubereiten. Thema: "Selig sind die Reichen, denn ihrer ist das Himmelreich." 

Und damit verabschiede ich mich bis zur nächsten Bibelstunde mit diesem Spruch (zum Auswendiglernen): "Ist die Seele erst verloren, lebt es sich wie neugeboren."

Reverend Hermann "Nev" Ermind

1 Kommentar:

  1. Danke für die Blumen, Hermann!
    Bin mir aber trotzdem nicht so ganz sicher, ob ich, der ich kein Auto anfasse, denn auch die 65 km per Lastenrad gestrampelt wäre, um den mobilen Radl- Service anzubieten ...

    Gruß "aus der Heimat" ...
    ... vom Ingo Ruhland

    AntwortenLöschen