Navasota, Texas

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Der Wind aus Kanada ist verstummt und der Glühwein wieder im Keller verstaut. Bei angenehmen 20 - 24 Grad Celsius genossen wir ruhige texanische Bauernstraßen (farm roads). Wenig Autos, viel Natur, grandioses Panorama. Erstmals haben wir auch die berühmten Longhorn Rinder gesehen, deren Hörner eine Spannweite von bis zu 2 Meter erreichen können.

Seit San Antonio wurde die Landschaft zunehmend bayrischer. Die heutige Etappe hätte genauso gut von Rosenheim nach Waging verlaufen können. Grüne Hügellandschaft, unterbrochen von Flüssen und Flüsschen, hie und da glitzert ein Teich oder See zwischen den Bäumen, Bauernhöfe, kleine Ortschaften, wenig Straßenverkehr und Menschen, die den Durchradelnden grüßen. Ein Autofahrer blieb mitten auf der Straße stehen, um sich mit uns zu unterhalten. Als begeisterter Radler lädt er jedenden durchreisenden Tourenradler ein, dessen er habhaft wird: "They sleep in the guest house and we treat them dinner". Hört sich gut an: Gästehaus und Einladung zum Abendessen für Umme. Aber wir wollen heute noch bis Navasota, wo wir bereits ein Hotelzimmer reserviert haben. Schade, das wäre bestimmt wieder ein Erlebnis gewesen. Seit Mexiko ist mir noch einmal so richtig deutlich geworden, welche Rolle die Sprache beim Reisen spielt. Wenn Du mit den Leuten nicht reden kannst, bleibst du draußen, obwohl du drin bist. Ohne Sprache bist Du mitten im Trubel dennoch isoliert. Mit Händen und Füßen organisierst Du vielleicht ein Zimmer und Essen und Trinken, aber in Kontakt kommst Du nicht mit den Leuten. Ich werde oft gefragt, warum ich ständig in den USA unterwegs bin, wo die Welt doch wesentlich größer ist. Nun, die Sprache ist einer der Hauptgründe. Die Sprache schlägt die Brücke vom Urlaub zum Reisen, jedenfalls nach meinem Verständnis. Urlaub ist "weg von" und "loslassen" und "auftanken". Reisen ist "hin zu" und dort leben, wo man gerade ist. Jeden Tag woanders, aber immer daheim. 

Angaben in Meilen. KM = Meilen x 1,65

Texas ist voll von ausgewanderten Deutschen und Amerikanern mit deutschen Eltern oder Großeltern. Diese deutsche Welle habe ich auch schon am Mississippi River (in Wisconsin und Illinois) oder am Missouri River (in Missouri) erlebt. In allen Fällen hat mich dort auch die Landschaft extrem an Deutschland erinnert. Insbesondere die Ähnlichkeit zwischen dem Missouri River (die letzten 200 Kilometer vor St. Louis) und dem Rhein ist überwältigend. Ost-Texas ist Oberbayern und die Gegend, durch die wir im Augenblick radeln, ist das/der Chiemgau. Ich kann mir gut vorstellen, dass die süddeutschen Einwanderer, die zwischen 1830 und 1870 hier durchkamen, sich deshalb niederließen, weil sie ein Stück Heimat in der Ferne fanden. Netter Nebeneffekt für den durstigen Radler: viele Brauereien, ausgezeichnetes Bier. Mein Favorit ist "Shiner Bock". Shiner ist zwar nur eine texanische 2.000 Seelen Gemeinde, aber die dortige "Spoetzl Brauerei" ist eine Weltmacht (www.shiner.com).

Bei der Ankunft im Hotel zeigt der Tacho 3.125 Reisekilometer. Navasota ist das Ziel des vierten von insgesamt sieben Abschnitten des Southern Tier. Der Vollständigkeit halber sie erwähnt, dass es danch aber noch nicht zu Ende ist für uns. Von St. Augustine, dem Ziel des Southern Tier folgen wir dem "Atlantic Coast Trail" nach Süden bis Key West. Aber jetzt kümmern wir uns erstmal um den Southern Tier. Morgen gehts mit Abschnitt 5 weiter: von Navasota, Texas bis St. Francisville, Louisiana. Zur Orientierung mal ein wieder die Karte zur Tour. 

Ach ja, die ersten Vortragstermine stehen fest :-) Die VHS München will wieder einen Vortrag im Gasteig (Herbst 2014) und die VHS München Nord (März 2014). Für euch treue Blogleser ist das natürlich uninteressant, weil ihr ja eh schon alles wisst. Aber vielleicht kennt ihr ja Leute, denen... aber da komme ich beizeiten auf euch zu. Ansonsten: Anfragen für Vorträge jederzeit an hermann.plasa@so-gehts.eu

Till Senn