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Im Englischen liest es sich ja noch ganz passabel: "Lake Ochechobee". Aber im Deutschen sind eindeutig zu viele "e"s im Spiel: Okeechobeesee. Da kommen die Augen beim Lesen ins Stolpern. Wie dem auch sei, der See mit den vielen "e"s hat mit 1900 Quadratkilometern fast die vierfache Fläche des Bodensees und ist der drittgröße Binnensee der USA. Wie wir aus dem Nebenfach "ausgestorbene Sprachen amerikanischer Naturvölker" alle wissen, entstammt der Name "Okeechobee" der Sprache "Hitchiti" und bedeutet soviel wie "Großes Wasser" (oki = wasser, chubi = groß). Jaa-haaa, Leute, ich frage das nach den Weihnachtsferien ab! Also nicht einfach wegklicken, sondern wiederholen... (oki = ........., chubi = ........)
Im Jahre 1924 hat ein verheerender Hurrikan das Wasser über den (alten) Deich geblasen. Über 2400 Menschen fanden damals den Tod. Weniger Jahre zuvor kamen bei einem ähnlichen Vorfall 800 Menschen ums Leben. Ein guter Grund, einen neuen, höheren und stabileren Deich zu bauen. Ein paar gewitzte Leute sind irgendwann auf die Idee gekommen, die Deichkrone zu teeren und zu einem Rad- und Wanderweg auszubauen. Ein paaar Campingplätze strategisch ansiedeln und - zack - war der "Lake Okeechobee Scenic Trail" aus der Taufe gehoben.
Radeln auf der Deichkrone ist eine schöne Idee, denn Florida ist flach wie eine Flunder und von der Deichkrone aus hat der schwindelfreie Wanderer oder Radler plötzlich eine Aussicht, die der gemeine Floridaner sonst nur auf Brücken genießen kann. Welcher Tourenradler kann einer solchen Versuchung widerstehen? Ich nicht. 197 Kilometer (fast) autofreier Rundkurs auf (meist) geteertem Radweg mit Ausblick auf einen See - und das am 30. Dezember! Mein Fazit NACH 197 Kilometern: Das war nix! Hier kann der amerikanische vom europäischen Radtourismus eine Menge lernen. Optimistisch geschätzt radelten wir 50 von den 197 Kilometern auf dem scenic trail, den Rest auf Seitenstreifen von Highways mit Blick auf Teer. Warum nur 50 Kilometer? Weil der Radweg immer wieder wegen irgendwelcher Baustellen gesperrt war. Amerikanische Baustellen in ländlichen Gebieten zeichnen sich gerne dadurch aus, dass ein Schild "Baustelle" herumsteht, der Durchgangsverkehr grandios behindert oder komplett blockiert wird, ansonsten aber nichts passiert. Baustelle und Arbeit sind zwei Paar Schuhe. Eine Baustelle kommt ohne Arbeiter aus. Eine solche Baustelle steht zunächst trotzig in der Gegend herum und protzt mit Drohungen und Strafen, langweilt sich dann aber langsam zu Tode und ärgert schließlich Tourenradler aus Hart an der Alz bis aufs Blut. Wenn man 5 Kilometer VOR der Baustelle - und der einzigen Möglichkeit, vom Radweg vorübergehend auf die Straße auszuweichen - NICHT darauf hingewiesen wird, dass in 5 Kilometern nichts mehr geht, dann nervt das 5 Kilometer später gewaltig. Verdammt gewaltig! Die Verantwortlichen sparen nicht mit Drohungen und Strafen, verschwenden aber nicht ein einziges Gramm Hirnmasse in Sachen Prävention. Wäre ja zuviel verlangt, bei der letzen möglichen Abfahrt VOR der Sackgasse einen Hinweis anzubringen, auf dem steht "Trail closed in 3 miles, exit here". Was habe ich geflucht und gezetert auf den 5 Kilometern zurück bis zur Ausfahrt und danach auf den 5 Kilometern zurück auf der Straße, immer den Deich im Blick.
Dann fährst Du Kilometer um Kilometer am Fuß des Deiches entlang, wohl wissend, dass die Baustelle längst hinter Dir liegt und dort oben ein wunderschöner geteerter Radweg mit allerfeinster Aussicht verläuft, du aber ums Verrecken nicht drauf fahren kannst. Und warum nicht einfach das Rad den Deich hochschieben? Weil zwischen Straße und Deich ein Wassergraben verläuft! Du strampelst auf dem Seitenstreifen, die Trucks, Pickups und Autos donnern an Dir vorbei, während der verdammte Radweg keine 20 Meter entfernt und dennoch unerreichbar ist. Dann, iiiiiirgendwann, kommt eine Auffahrt auf den Deich. Erlösung, Glück, Hurra! Nichts wie rauf, nur um vor dem nächsten "STOP - NO TRESPASSING" Schild zu stehen. 7 dieser "construction sites" habe ich gezählt und vom See haben wir wenig gesehen. Statt der 197 Kilometer hätten es auch die ersten 15 getan, die repräsentativ waren: 10% Freude, 90% Frust.
Hier eine kleine (nicht repräsentative) Auswahl an Bildern der beiden letzten Tage....
Till Senn