Freitag, 27. Dezember 2013

Ficus benghalensis und ein neuer Reiseplan

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Die letzte Etappe am zweiten Weihnachtstag führte uns auf dem Weg nach North Palm Beach nicht nur wieder hautnah am Atlantik entlang sondern auch mitten durch zwei Dschungel-Tunnels. Aus dem dichten Rundum-Grün aus Palmen, Farnen und was-weiß-ich-nicht-alles ragten gewaltige Banyan-Feigen in die Höhe. Ursprünglich in Süd- und Westindien beheimatet ist die Ficus Benghalensis mittlerweile in den gesamten Tropen zu finden. Und da sind wir mittlerweile ja angekommen: in den Tropen Südfloridas. Die Temperaturen sinken auch nachts nur selten unter 25 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit hält sich konsequent im oberen 90%-Bereich. Da schwitzt der Radler und da gedeiht die Banyan-Feige.



Banyan-Feige-komma-die-Doppelpunkt: "Der Banyan wächst auf einem beliebigen Wirtsbaum, der zunächst keinen Schaden nimmt, da der Banyan kein Schmarotzer ist. Er sendet Luftwurzeln aus, die sich mit der Zeit zu einem dichten Netz entwickeln. Haben die Wurzeln den Boden erreicht, kommt es zu einem Wachstumsschub, da die Pflanze nun nicht mehr ausschließlich auf das Substrat, das sich auf dem Wirtsbaum angesammelt hat, angewiesen ist. Mit zunehmendem Wachstum wird der Wirtsbaum erdrückt und stirbt schließlich ab. Den Seitenästen entspringen Luftwurzeln, die sich bei Bodenkontakt verdicken und stammähnlich die Krone stützen. Auf diese Weise kann der Banyanbaum mit der Zeit eine Bodenfläche von mehreren Hundert Quadratmetern bedecken." (Quelle: Wikipedia)

Auf meiner "TransAmerica" Tour vor drei Jahren sprach mich kurz vor North Palm Beach ein Radler an. Der Radler heißt Michael Price und verdient sein Geld als Fotograf. www.michaelpricephotography.comNeben der Fotografie ist er aber auch dem Radeln verfallen. Hier ein Auszug aus meinem damaligen Blogeintrag (19. Oktober 2010): "Gleich nach den ersten Sätzen schlug Michael vor:  'Herman, I show you the way to your hotel. I pick you up at 6:30 and we go to an Irish Pub.'  Gesagt, getan und um Punkt 18:30 Uhr stand Michael mit seinem blauen SUV vor der Tür. Der Abend war perfekt. Wir saßen vor dem Pub an einem kleinen Tisch auf dem breiten Gehweg, um uns herum die Lichter der Großstadt, das Leben, der Trubel, die Schönen und Reichen auf dem 4-spurigen Laufsteg, sommerlich milde Temperaturen um die 23 Grad und erstklassiges Guinness vom Fass. Diese völlig ungeplanten und zufälligen Begegnungen sind das Salz in der Suppe solcher Reisen. Mit manchen wechselst Du zwei Worte, mit anderen verbringst du einen schönen Abend. Ich wiederhole mich, ich weiß. Aber das Lieblingsgericht schmeckt einem ja auch mehr als einmal, oder? Als Nachtisch gab’s übrigens noch eine ausgiebige Rundfahrt durch das nächtliche Palm Beach."

Als Angie und ich drei Jahre später im August in Los Angeles die Segel setzten, schrieb ich Michael in einem kurzen Mail, dass wir ihn im Dezember in North Palm Beach besuchen kommen und dazu extra mit dem Fahrrad quer durch die USA radeln. Seine Antwort kam prompt: "Hermann- great to hear from you!!!! What date will you be arriving in palm beach? I am here and hopefully can meet you again! Be safe - Michael". Michael war wie versprochen da, als wir gestern New Palm Beach erreichten und wir gingen gemeinsam Essen. Und wieder hatte er mich ausgetrickst, denn als ich die Rechnung verlangte, hieß es "Schon bezahlt." 
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Und damit zum zweiten Teil der Überschrift... Gestern hatte ich ja schon erwähnt, dass ab Weihnachten der touristische Ausnahmezustand über Südflorida verhängt wird, wobei es die Florida Keys besonderst hart trifft und dort wiederum Key West am aller-allerschlimmsten. Nachdem wir stundenlang alles Mögliche eruiert und recherchiert, geplant, verworfen, umgeplant, neu eruiert.... hatten, kam am Ende ein brauchbarer und mittlerweile buchungstechnisch gesicherter Plan für den Rest der Tour heraus.



Wir sind im Augenblick da, wo der rote Punkt ist: North Palm Beach. Die ROTE Route ist die Route nach Key West. Die LILA Route ist der knapp 2-wöchige Abstecher, den wir ab morgen einlegen werden. Einlegen müssen. Und dieser Abstecher hat sich seit dem Erstellen der obigen Karte schon wieder ein wenig geändert. Warum? Weil wir in Fort Lauderdale (geplanter Beginn der lila Route) für morgen nicht ein einziges Zimmer bekommen konnten. Die Küste zwischen Palm Beach und Key West ist momentan ausgebucht. Wie gesagt, es herrscht der touristische und finanzielle Ausnahmezustand. Deshalb werden wir morgen vom roten Punkt direkt die rund 120 Kilometer zum Okeechobee Lake radeln, den See anschließend umrunden, danach an die Westküste zum Golf von Mexiko radeln und dort der Küste nach Süden folgen bis Naples. Von dort werden wir (höchstwahrscheinlich per Mietauto, aber mit den Rädern) den Everglades Nationalpark erkunden. Dort gibt es neben Panthern, Pumas, diversen Schlangen- und Spinnenarten, Alligatoren und (Spitz)Krokodilen noch eine Reihe von Wander- und Radwegen mitten durch diese Tier- und Pflanzenwelt. Radlpeter und Tom Plasa, das wäre was für euch alte Abenteurer, oder?

Von den Everglades geht es wieder zurück an die Ostküste, wo wir ab dem 10. Januar die Radreise nach Key West fortsetzen und erfolgreich beenden werden. Wir haben zu diesem Zweck heute etwas getan, was unserer Reisephilosophie eigentlich komplett widerspricht, aber leider die einzige Möglichkeit war, das Ziel "Key West" zu sichern: Vorbuchen. Vorbuchen ist bäh! So sehr ich ansonsten gerne die Dinge um mich herum kontrolliere, aber ein fixer Reiseplan mit "heute hier, morgen dort und übermorgen da" ist ein Korsett, das mir Atemnot beschert. Vorbuchen ist ein notwendiger Kompromiss. Ich hasse Kompromisse. Ich bin ein "ganz-oder-gar-nicht-Mensch". Lieber Radlpeter und liebe Radlingrid, das wäre doch wieder mal eine gute Gelegenheit für die Gardasee-Parkplatz-Story, oder? Aber in diesem Fall mußten wir vorbuchen, denn wir dürfen auf den Florida Keys nicht "stranden". Mit dem Auto wäre es ja kein Problem, mal eben 50, 80 oder 100 Kilometer zurück zu fahren, wenn Du spontan kein Zimmer oder keinen Zeltplatz bekommst und die Sonne in 30 Minuten untergeht. Mit dem Rad geht das nicht. Und wildes Zelten auf den Florida Keys ist ein direkter Weg zur satten Geldstrafe, evtl. sogar den Knast. Gut, das Problem der Übernachtung wäre damit gelöst, aber es gibt da gewisse Folgeprobleme. Fazit: Sobald wir die Florda Keys erreichen, darf nix mehr dazwischen kommen. Gesundheit, Technik und Wetter müssen mitspielen, damit das Projekt "Los Angeles - Key West" auch zu Ende geführt werden kann. Seufz. Irgendwie bekommen wir das schon hin.

Till Senn

1 Kommentar:

  1. Ja LOGO und Klaro

    werdet Ihr das Schaffen
    die Anzahl der Follower wird hoffentlich auf
    der Schlussetappe ständig zunehmen
    also Schuhe einklicken und los

    Liebe Grüße
    JoeB
    p.s. Spitzkrokodile quer zur Fahrradroute wären so nicht mein Ding

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